Kari Karaiti

Hayden und Louise

Hayden und Louise

Hayden

Hayden lag auf dem Bett, atmete gegen das schmerzhafte Hämmern seines Herzens in seiner Brust an, während er den Umschlag darauf presste. Er war ein verdammter Feigling. Fast fünf Minuten hatte er in der Gasse ausgeharrt, abwechselnd auf den Brief und hinauf zu ihrem Fenster gestarrt, bevor er hinübergegangen war und das Stück Papier aufgehoben hatte. Dann war er weggelaufen. Ihr Lippenstift hatte einen Abdruck ihres Kussmunds auf dem Papier hinterlassen, direkt neben einer mit Kugelschreiber gemalten, blauen Blumen. Er atmete tief ein, konnte den zarten, fruchtigen Duft wahrnehmen, der ihn in den Wahnsinn trieb. Seine Fingerspitzen spielten mit der Ecke des Umschlags, doch er wagte nicht, ihn zu öffnen. Stattdessen hob er ihn und starrte darauf, bevor er ihn an seine Nase hielt und inhalierte. Er schloss die Augen und versuchte, sich zu erinnern, wie sie am Fenster gestanden hatte. Ihre langen, braunen Haare, die vor ihrer Brust leicht im Wind getanzt hatten, ihre Augen, die ihn angelächelt hatten, während sie den Brief an ihre Lippen gedrückt hatte.

Ein Seufzen löste sich in seinem Hals. Er schob seine Hand in seine Hose und umfasste seinen schmerzhaft harten Schaft. Die Vorstellung, dass es ihre Hand war, die seinen Schwanz auf- und abstrich, ihn drückte, den Glückstropfen auf seiner Länge verteilte, entlockte ihm ein leises Stöhnen. Seine Hüfte bewegte sich instinktiv, stieß in seine fest geschlossene Faust. Er riss die Augen auf, starrte auf den Abdruck ihres Kussmunds. Eine Gänsehaut zog sich über seinen ganzen Körper, als er sie in Gedanken mit demselben Lächeln vor sich knien sah, mit dem sie den Brief aus ihrem Fenster hatte fallen lassen. Sie öffnete die Lippen, schloss sie um seinen Schwanz. Oh Gott! Wie oft hatte er sich zu der Vorstellung einen runtergeholt? Noch nie hatte er sie so lebhaft sehen können wie an diesem Tag. Er wollte ihre Haare zwischen seinen Fingern spüren, ihre glatte Haut, wollte die Rundungen ihrer Brüste in seine Handflächen legen und ihr Gewicht darin testen. Keuchend warf er den Kopf zurück ins Kissen, hob seine Hüfte, und schluckte das tiefe Stöhnen herunter, als sich seine Hoden zusammenzogen und er sich im nächsten Moment in seiner Faust ergoss. Sein Herz raste, sein Atem ging schwer, während er unbewegt dalag, in der einen Hand seinen immer noch pulsierenden Schwanz, in der anderen den Umschlag, aus dem ihr zarter Duft an seine Nase strömte.

„Hayden!“, riss ihn die Stimme seiner Mutter aus seiner postkoitalen Trance. „Essen ist fertig!“, rief sie die Treppe hinauf.

„Komme gleich, Mom!“, antwortete er heiser, pellte sich aus dem Bett und torkelte auf dem Weg in sein Bad fast vor den Schreibtisch. Er warf nur einen kurzen Blick in den Spiegel, bevor er sich für seine Mutter präsentierbar machte. Dann verließ er sein Zimmer und sprang die Treppe hinunter in die Küche.

Sie stand am Herd und bereitete einen Teller für ihn. Er trat hinter sie, neugierig, was sie gekocht hatte, und warf einen Blick über ihren Kopf hinweg in die Töpfe. Sie war so klein, stellte er wieder einmal fest, ging ihm gerade bis zur Brust. Glücklicherweise kam er, zumindest was die Körpergröße anging, nach seinem Vater. Die dunklen Haare und Augen hatte er jedoch von ihr. Sie war eine schöne Frau. Kein Wunder, dass sein Vater sich damals Hals über Kopf in sie verliebt hatte, denn zu ihrer Schönheit gesellten sich ein heiteres Temperament und eine Gutmütigkeit, die ihresgleichen suchten. Er liebte sie abgöttisch.

„Hm, warum duftest du so gut?“, fragte sie und warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Wann lerne ich sie kennen?“

Er verdrehte die Augen, als sie ihn frech grinsend ansah. „Mom!“

Sie wusste nicht, dass er mit den Mädchen seiner Schule nichts anfangen konnte. Albern und oberflächlich, auf Schönheit und Beliebtheit bedacht langweilten sie ihn. Außer ein paar heiße Augenblicke unter den Rängen des Footballstadions wollte er keine Zeit mit ihnen verbringen. Selbst der schnelle Sex ohne Verpflichtungen mit ihnen gab ihm nichts, ließ ihn von außergewöhnlichen Leidenschaften träumen. Nach einem solch belanglosen Abenteuer fragte er sich manchmal, ob das alles gewesen sollte.

„Setz dich, Schatz!“ Seine Mutter stellte ihm einen Teller auf den Tisch, den sie wie immer zu voll gehäuft hatte. Erst, als sie sich mit ihrem spärlichen Abendessen dazugesellte, sprach sie weiter. „Ich will dich nicht nerven, aber gibt es kein Mädchen, das dich interessiert?“ Er seufzte leise, rollte die Spagetti auf seine Gabel und stopfte sie in den Mund, um nicht antworten zu müssen. Plötzlich legte sich die kleine Hand seiner Mutter auf seine. „Hayden, du weißt, dass du über alles mit uns reden kannst, oder?“

„Ja, Mom“, antwortete er mit vollem Mund.

Sie musterte ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen und sog ihre Lippen ein, wie sie es immer tat, bevor sie eine Rede hielt. „Du hast noch nie ein Mädchen mit nach Hause gebracht“, begann sie schließlich, „oder nach dem Wagen für ein Date gefragt. Du bist ein gutaussehender, junger Mann. Zu meiner Zeit hättest du dich vor Mädchen nicht retten können.“

„Mom“, warf er ein.

„Hayden, ich möchte, dass du weißt, dass dein Vater und ich dich immer lieben werden. Es gibt nichts, was diese Liebe mindern könnte, nichts. Hörst du?“

Er betrachtete sie misstrauisch, als ihre Augen suchend zwischen seinen hin- und herrasten. „Dein Vater und ich sprachen erst gestern Abend darüber. Wir fragen uns, ob es einen Grund gibt, dass du keine Freundin mit nach Hause bringst.“ Er öffnete den Mund, um ihr zu antworten, doch sie fuhr fort. „Wir fragen uns, weshalb du dich nicht für Mädchen interessierst.“

Sein Puls erhöhte sich, als er die tiefe Sorgenfalte bemerkte, die sich über ihre Stirn zog. Oh Gott! Hatten sie ihn in der Gasse stehen sehen? Wussten sie, dass er jeden Abend vor dem Haus stand, in dem Elise Männer empfing? Blut schoss mit der Erniedrigung, die er bei dem Gedanken empfand, in seine Wangen.

„Hayden, wenn du auf Jungs stehst, kannst du uns das sagen.“ Er verschluckte sich und hustete. „Wir werden auch einen Freund herzlich willkommen heißen. Du musst ihn nicht vor uns verstecken. Ich will, dass du das weißt. Wir werden dich niemals für deine Neigungen verurteilen“, fuhr seine Mutter unbeirrt fort.

„Verdammt Mom!“, röchelte er, füllte sich Wasser in ein Glas und trank.

Sie lächelte ihn an, strich ihm sanft über die Wange. „Oh, mein armer Schatz! Du hättest es uns sagen können.“

„Ich stehe nicht auf Jungs“, keuchte er zwischen hastigen Schlucken und schüttelte den Kopf.

Auf den ersten Schock über die Idee seiner Eltern folgte Erleichterung. Sie wussten nicht, dass er mit dem Gedanken spielte, eine Prostituierte aufzusuchen, um die gähnende Langeweile, die er mit den Mädchen seiner Schule empfand, zu überwinden, um die Ernüchterung über den unspektakulären Sex zu lindern. Was sollte er sagen, das die Sorgen seiner Eltern beruhigte? Er entschloss sich für die nackte Wahrheit.

„Die Mädchen in der High-School sind ... langweilig, oberflächlich. Ich kann mit ihrem gekünstelten Getue nichts anfangen. Es geht ihnen nur um Beliebtheit, als befänden sie sich in einem Wettstreit um Aufmerksamkeit. Wenn sie mit mir ausgehen wollen, dann weil ich in der Footballmannschaft spiele und es ihre Bekanntheit steigert. Den Zirkus will ich nicht mitmachen.“

Seine Mutter musterte ihn, nickte verständnisvoll. „Also hast du nur Sex mit ihnen“, sagte sie gerade heraus. „Ich hoffe, du verwendest Kondome, unabhängig davon, ob die Mädchen verhüten. Du willst deine Zukunft nicht in die Hände eines anderen Menschen legen. Zudem mag die Pille zwar Schwangerschaften verhindern, aber sie schützt nicht vor übertragbaren Geschlechtskrankheiten.“

Wieder brannten seine Wangen, verdammt, sein gesamtes Gesicht. „Mom!“, stieß er vorwurfsvoll aus, woraufhin sie lachte und seine Hand drückte.

„Ich will nicht in deine Privatsphäre dringen. Du sollst wissen, dass wir dich so lieben, wie du bist. In ein paar Monaten gehst du aufs College. Und wer weiß, vielleicht lernst du dort ein nettes Mädchen kennen, gebildet und mit mehr Substanz, eine, die dich herausfordert.“

Hayden kehrte nach dem Abendessen in sein Zimmer zurück und schloss sich ein. Er lehnte an der Tür, schüttelte den Kopf ungläubig, dass seine Mutter ihn mit dem Gespräch konfrontiert hatte. Er liebte sie, aber er wollte mit ihr nicht über seine sexuellen Erfahrungen sprechen, auch nicht über Verhütung. Verdammt, die Tatsache, dass sie ungeniert und direkt Kondome, die Pille, Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten erwähnt hatte, erinnerte ihn daran, dass seine Eltern ein aktives Sexleben führten. Darüber wollte er nicht nachdenken. Sein Blick fiel auf den Umschlag, der auf der Matratze halb unter seiner Decke lag. Er biss sich auf die Innenseite seiner Wangen, bevor er sich von der Tür abstieß, darauf zuging, ihn vom Bett riss und ohne Umschweife mit einer Schere öffnete. Gegen jedes nervöse Pochen seines Herzens nahm er das Papier heraus und blickte auf die ordentliche, geradlinige Schrift.

Ich warte auf dich, las er und das Blut rauschte in seinen Ohren. Immer wieder flogen seine Augen über die vier Worte, dann hielt er den Brief an seine Nase und inhalierte den Duft.

Ich warte auf dich.

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